Leitartikel zum Jahresthema 2025: Die drei Ps: Pädagogische Grundhaltungen im Fokus.

1. Jan.. 2025Informationen

Die pädagogische Haltung ist ein zentrales Element der Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe und bildet das Fundament für professionelles Handeln. Mit der Wahl des Jahresthemas 2025 der haug&partner unternehmensgruppe soll die Bedeutung hervorgehoben werden, wie essenziell es ist, eine pädagogische Haltung bewusst wahr- und einzunehmen, diese dabei aber ebenso kontinuierlich zu reflektieren. Die 3Ps – Partnerschaftlichkeit, Parteilichkeit und Prägnanz – sollen allen Beteiligten der haug&partner unternehmensgruppe einen praxisnahen Rahmen bieten, welcher als Orientierung für die täglichen Herausforderungen dient. Obwohl die 3Ps klar formuliert sind, bleibt deren konkrete Umsetzung individuell.

Die zweite Online-Fachtagsreihe des Jahres zum Thema „Störungsbilder gemäß ICD-10“ startet.

In der haug&partner unternehmensgruppe bilden die 3Ps – Partnerschaftlichkeit, Parteilichkeit und Prägnanz – das Fundament im Sinne eines pädagogischen Konzeptes, auf dem die Hilfen zur Erziehung fußen. Die Stabilisierung des jungen Menschen in seiner Persönlichkeitsentwicklung sowie die Erarbeitung von Zukunftsperspektiven bestimmen das Miteinander in den Betreuungsmaßnahmen. Ausgangspunkt für das pädagogische Konzept ist hierbei immer der individuelle Bedarf des zu betreuenden jungen Menschen. Um diesem ein für ihn geeignetes Betreuungssetting anbieten zu können, basiert der Umgang der Pädagog*innen mit den jungen Menschen stets auf einer wertschätzenden Haltung; dies schließt die Bereitschaft zur persönlichen Auseinandersetzung mit ihm ein. Der wesentliche Grundgedanke der Konzeptidee ist die individuelle Begleitung und Betreuung der jungen Menschen. Hierbei liegen die drei Prinzipien und ihre inhaltliche Ausdifferenzierung zugrunde:

→ Partnerschaftlich – mit dem Jugendamt

Die Jugendämter werden als Kunden und Kooperationspartner*innen verstanden. Die Träger der haug&partner unternehmensgruppe richten daher ihr Angebot und die Form der Zusammenarbeit serviceorientiert aus. Dies schließt den partnerschaftlichen Austausch ein, der impliziert, dass das geforderte Angebot die Leistungen umsetzt, die gewünscht und notwendig sind.

→ Parteilich – in der Akzeptanz des jungen Menschen

Pädagogische Prozesse benötigen als Grundlage tragfähige Beziehungen. Diese können sich dann entwickeln, wenn die Persönlichkeit des jungen Menschen bejaht wird. Alle jungen Menschen sind dabei als einzigartig zu begreifen und zu behandeln – immer auch aus dem Verständnis der biografischen Vergangenheit des jungen Menschen heraus. Darauf fußend kann ein gemeinsamer Aushandlungsprozess entstehen, der den jungen Menschen beim Finden seines Lebenswegs unterstützt.

→ Prägnant – in der pädagogischen Haltung

Klarheit in den pädagogischen Haltungen und in der sozialpädagogischen Praxis zollt dem zu betreuenden jungen Menschen Respekt in dem Wissen, dass er dadurch die notwendige Orientierung und Halt erhält, den er benötigt.

Aus den drei Ps ergeben sich daher auch folgende Ableitungen für die konkrete pädagogische Arbeit:

  • ein alltagsorientierter Ansatz, der darauf abzielt, den Entwicklungsprozess so auszurichten, dass sich kurz- bzw. mittelfristig eine Verbesserung der Lebenssituation des jungen Menschen ergibt;
  • kleine, überschaubare Wohnformen mit verlässlichen und dauerhaften Beziehungsangeboten und transparenten Strukturen, die Sicherheit und Halt geben;
  • individuelle Zugänge und entsprechende Einzelfallkonzepte sind nötig, um im pädagogischen Alltag flexible, dem Individuum angemessene Handlungsstrategien ermöglichen zu können. Das verlangt auch die Offenheit für Prozessentwicklungen, die anders verlaufen können als geplant;
  • die Rahmenbedingungen in den Betreuungsstellen sind für den jungen Menschen förderlich zu gestalten, so dass Möglichkeiten für notwendige Erfahrungen und Erlebnisse gegeben werden. Dabei wird jedem jungen Menschen ermöglicht, Entwicklungen in seinem Tempo zu gehen;
  • eine ressourcenorientierte Vorgehensweise, die an den Stärken ansetzt und die Selbsthilfefähigkeiten unterstützt. Eine systemisch geprägte Haltung mit zirkulärem Denken lässt dabei Zusammenhänge prägnant werden und hilft, aus Handlungsschleifen auszubrechen;
  • eine realitätsorientierte Erziehung, die die sozialen Kompetenzen der jungen Menschen stärkt. Transparentes Offenlegen der eigenen Handlungsleitmotive der Pädagog*innen helfen den jungen Menschen in ihrer Entwicklung. Möglichkeiten zur Partizipation geben Gestaltungsräume und die Möglichkeit, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen;
  • ein Beziehungsangebot durch die Pädagog*innen vor Ort, das dem individuellen Bedürfnis des jungen Menschen nach Nähe und Distanz Rechnung trägt, und das dem jungen Menschen in seinem Entwicklungsprozess ganzheitlich und kontinuierlich unterstützt.

Die 3Ps als Prinzipien des sozialpädagogischen Wirkens in der haug&partner unternehmensgruppe bilden hierfür die Basis der pädagogischen Werte und Haltungen. In diesem Zusammenhang sind auch die nachfolgenden Überlegungen von Schwer und Solzbacher (2014) von Bedeutung, welche darauf hinweisen, dass der Begriff „pädagogische Haltung“ maßgeblich das Denken und Handeln von (sozialpädagogischen) Fachkräften prägt und dabei nicht nur eine Frage der inneren Überzeugung ist, sondern aktiv erlernbar ist.

Was ist eine pädagogische Haltung?

Lange Zeit war der Begriff aufgrund seines ideologischen Untertons eher in den Hintergrund gerückt. Die Sorge, dass eine „Haltung“ zu subjektiv und von persönlichen Überzeugungen geprägt sei, führte dazu, dass er nicht als angemessen für professionelles Handeln angesehen wurde. Doch seit einigen Jahren erfährt dieses Konzepts insbesondere in der Sozialen Arbeit eine Renaissance. Wie Schwer und Solzbacher betonen, ist eine professionelle pädagogische Haltung nicht nur eine Ansammlung von Überzeugungen, sondern ein tief verwurzeltes Muster aus Werten, Einstellungen und Kompetenzen, das wie ein „innerer Kompass“ die Stabilität und Sensibilität des Handelns lenkt:

„Eine professionelle Haltung ist ein hoch individualisiertes (d.h. individuelles, idiosynkratisches) Muster von Einstellungen, Werten, Überzeugungen, das durch einen authentischen Selbstbezug und objektive Selbstkompetenzen zustande kommt, die wie ein innerer Kompass die Stabilität, Nachhaltigkeit und Kontextsensibilität des Urteilens und Handelns ermöglicht“. (Schwer & Solzbacher, 2014, 107).

Dabei zeichnet sich eine professionelle pädagogische Haltung durch drei zentrale Merkmale aus:

  1. Die Standfestigkeit und Kohärenz von Entscheidungen, die in pädagogischen Situationen getroffen werden.
  2. Der Einbezug oder die Integration von eigenen wie fremden Gefühlen, Bedürfnissen und Körperwahrnehmungen.
  3. Eine breite Form der Aufmerksamkeit („Wachsamkeit“), die aus dem Hintergrund des Bewusstseins die Vereinbarkeit des eigenen Tuns mit „Sinn und Verstand“ überwacht.

Somit wird der Selbstkompetenz der sozialpädagogischen Fachkräfte eine besondere Rolle im Kontext der pädagogischen Haltung zugeschrieben und als zentrales Fundament gesehen. Gemeint sind Selbstkompetenzen, welche es ermöglichen, in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben und die dabei helfen, eigene Erfahrungen und Emotionen zu regulieren, um authentische, selbstkongruente pädagogische Ziele umzusetzen. Dies kann verstanden werden als innerer Kompass für die sozialpädagogischen Anforderungen der Praxis. Diese Fähigkeiten sind nicht nur erlernbar, sondern sollten aus Sicht der haug&partner unternehmensgruppe einen festen Bestandteil der Aus- und Fortbildung von Fachkräften bilden, um die Kompetenz für professionelles Handeln zu stärken.  Darüber hinaus sieht es die haug&partner unternehmensgruppe als ihre Verantwortung, ihre eigenen pädagogischen Grundhaltungen deutlich zu formulieren und dafür Sorge zu tragen, dass die agierenden Fachkräfte sowohl in Leitungsfunktion als auch im Fachdienst und in der Betreuung mit diesen pädagogischen Grundhaltungen übereinstimmen, um im Einklang mit diesen zu agieren. Die 3Ps bieten eine wertvolle Orientierung für ihr Handeln und geben ihnen darüber hinaus die Möglichkeit, sich auf verbindliche Grundwerte berufen zu können.

Die 3Ps als Grundlage und Orientierung für professionelle Haltung

In der sozialpädagogischen Praxis sind Fachkräfte mit komplexen und herausfordernden Situationen konfrontiert. Die Anforderungen, denen sie begegnen, erfordern eine gefestigte Haltung, die nicht nur theoretisch ist, sondern in der Praxis bestätigt sein muss und die auch im spontanen Handeln sichtbar wird. Hier setzen die 3Ps – Partnerschaftlichkeit, Parteilichkeit und Prägnanz – an:

Partnerschaftlichkeit – mit dem Jugendamt

Das Prinzip der Partnerschaftflichkeit umfasst den partnerschaftlichen Dialog mit dem Jugendamt und ist aus Sicht der haug&partner unternehmensgruppe ein wichtiges Element erfolgreicher Hilfsprozesse. Diese Zusammenarbeit aller Beteiligten erfordert nicht nur gute Kommunikationsfähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis gemeinsamer Ziele und Vorstellungen. Partnerschaftlichkeit bedeutet hier daher im Bewusstsein um die hohe Verantwortung für den jungen Menschen, den transparenten und zeitnahen Austausch mit den Verantwortlichen in den Behörden der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe zu gewährleisten. Dies dient nicht nur dem Schutz des jungen Menschen, sondern auch dem Gesamtverständnis für seinen komplexen Hilfeprozess und der hierzu notwendigen umfassenden Hilfegestaltung. Partnerschaftlich darf hier nicht missverstanden werden als Abgabe an Verantwortung seitens des freien Kinder- und Jugendhilfeträgers zum öffentlichen Träger hin. Denn die Verantwortung hat aufgrund der verbindlichen Übernahme des Betreuungsauftrages der freie Träger übernommen. Partnerschaftlichkeit bedeutet hier die Gewährleistung eines engen Schulterschlusses zwischen den Beteiligten, um für den jungen Menschen die bestmögliche und angemessene Unterstützung umsetzen zu können.

Parteilichkeit – für den jungen Menschen

Parteilichkeit beschreibt das Prinzip der uneingeschränkten Akzeptanz und Unterstützung des jungen Menschen unabhängig von seiner biografischen Vergangenheit. Die Förderung und Unterstützung in jeder Hilfemaßnahme in der haug&partner unternehmensgruppe werden nach dem parteilichen Ansatz praktiziert. Parteilichkeit bedeutet, dass die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen uneingeschränkt im Mittelpunkt der Arbeit stehen: sie werden ernstgenommen, ihnen wird Unterstützung und Schutz zuteil. Eigene Lebensentwürfe werden ebenso akzeptiert wie neue Wege aufgezeigt.

Realisiert werden diese Grundsätze in individuellen Betreuungssettings, so dass sie eigene Erfahrungen machen und sich mit anderen auseinandersetzen können. Sie können sich selbst erleben und ihre Fähigkeiten und Stärken entdecken. Sie benötigen hierzu Vorbild- und Identifikationsfiguren, die sie darin unterstützen können. Daher erfordert dieser Ansatz von den begleitenden sozialpädagogischen Fachkräften folgende Voraussetzungen:

  • Die Bereitschaft, sich mit der eigenen Sozialisation auseinanderzusetzen sowie der Sozialisation des zu betreuenden jungen Menschen;
  • sich mit den Lebensbedingungen von benachteiligten jungen Menschen in unserer Gesellschaft zu befassen
  • Empathie für die zu betreuenden jungen Menschen zu empfinden und sie in ihrer Unterschiedlichkeit zu akzeptieren sowie sie mit ihren verschiedenen Interessen und Bedürfnissen ernst zu nehmen
  • sich mit anderen Fachkräften auf unterschiedlichen Ebenen inhaltlich und strukturell zu vernetzen sowie sich fachlich weiterzuentwickeln.

Dies erfordert von den sozialpädagogischen Fachkräften die Bereitschaft zur steten fachlichen Weiterentwicklung, eine hohe Selbstreflexivität und die Fähigkeit, eine authentische, empathische Beziehung aufzubauen, die den jungen Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Prägnanz – in der pädagogischen Haltung

Das Prinzip der Prägnanz zeigt sich in einer prägnanten Haltung, in der Klarheit und Verlässlichkeit im Umgang mit allen am Prozess Beteiligten zum Ausdruck kommt. Sie fordert eine klare Positionierung und die Bereitschaft, sich auch in schwierigen Situationen konstruktiv einzubringen. Prägnanz bedeutet nicht Starrheit, sondern eine klare Orientierung, die in der Praxis Sicherheit gibt. Im Blick stehen hierbei der junge Mensch und sein Bedarf nach Halt. Daher stellt dieses Prinzip sicher, dass durch die Hilfegestaltung sowie die begleitenden sozialpädagogischen Fachkräfte für den jungen Meschen das Wesentliche erschlossen und veranschaulicht wird durch Gespräche, Zeit und Formen des Austausches. Es wird nicht vertuscht, verheimlicht oder nebulös formuliert – immer entsprechend seinem Entwicklungsstandes. Nur dadurch kann der zu betreuende junge Mensch sich aktiv und selbstwirksam an der Gestaltung seines Lebensweges verantwortlich beteiligt wird. D.h. dem jungen Menschen wird im Hilfeprozess gewährleistet, dass

→ Informationen prägnant, alters- und entwicklungsgemäß verständlich und gebündelt offengelegt werden

→ Informationen sachlich und ohne Abwertung vermittelt werden

→ für ihn bedeutsame Information das Wesentliche und den Kern enthalten, um eine Überschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

 

Die einführenden Erläuterungen zum Wesen der pädagogischen Haltungen heben hervor, dass eine professionelle Haltung nicht nur auf subjektiven Überzeugungen basiert, sondern durch objektiv erwerbbare Kompetenzen erweitert werden. Dies lässt sich unmittelbar mit den 3Ps in Verbindung setzen, denn diese erfordern spezifische Kompetenzen. So ist in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Jugendamt gezielte Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick und das Verständnis gemeinsamer Ziele notwendig – Kompetenzen, welche erlernbar sind. Auch eine authentische Beziehung zum jungen Menschen kann nur dann entstehen, wenn die pädagogische Fachkraft ihre eigenen Kompetenzen reflektiert und stabil in ihrem Handeln ist. Parteilichkeit erfordert somit eine starke Selbstkompetenz, die es ermöglicht, sich authentisch und empathisch auf die individuellen Bedürfnisse des jungen Menschen einzulassen – ganz im Sinne der Parteilichkeit. Und nicht zuletzt stellt die Prägnanz eine reflektierte Haltung dar, welche durch kontinuierliche Reflexion, Weiterbildung und Kompetenzentwicklung überprüft und gestärkt werden kann, um ungetrübt von der eigenen, persönlichen Wahrnehmung, Botschaften zu vermitteln, die den wesentlichen Informationsgehalt ermöglichen, wenn dies notwendig ist.

Die drei Ps als Grundlage der Weiterentwicklung im Zuge der SGB VIII-Reform

In Verbindung mit der SGB VIII-Reform gewinnen die 3Ps noch mehr an Bedeutung, da die Veränderungen im Gesetz neue Ansprüche an die Fachkräfte stellen und die Strukturen und Handlungsansätze nachhaltig verändern werden. Die Reform zielt auf eine stärkere Berücksichtigung der Rechte von Kindern und Jugendlichen ab und fordert damit eine noch intensivere Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie eine klare, parteiliche Ausrichtung an den Bedürfnissen der jungen Menschen. Die 3Ps sind hier das stabile Fundament, das es ermöglicht, den Wandel aktiv mitzugestalten und dabei stets den professionellen Anspruch aufrechtzuerhalten. Die 3Ps bieten also nicht nur Orientierung im alltäglichen Handeln, sondern sind auch der Schlüssel zur Weiterentwicklung der professionellen Haltung. Die haug&partner unternehmensgruppe freut sich darauf, diesen Wandel auf Grundlage der 3PsPartnerschaftlichkeit – mit dem Jugendamt; Parteilichkeit – für den jungen Menschen und Prägnanz – in der pädagogischen Haltung aktiv mitgestalten zu dürfen und im Jahr 2025 in eine umfassende Auseinandersetzung mit diesen pädagogischen Grundhaltungen zu gehen.

 

haug&partner unternehmensgruppe